Mittwoch, 2. März 2016

Es war einmal ein berühmter Brückenbaumeister




Es war einmal ein berühmter Brückenbaumeister. Eines Tages ging er zu den Ungarn und sagte, Ich bau euch eine Brücke, da werdet ihr nur so staunen! Auf der kann man spazieren gehen, auf und ab. Wir gehen nicht spazieren, sagten die Ungarn. Wir haben für sowas keine Zeit. Herumspazieren, tirilieren, sagte der Brückenbaumeister. Und schon gar nicht tirilieren!, sagten die Ungarn. Wir haben schlechte Laune. Herumspazieren, tirilieren, Mädchen küssen, musizieren, sagte der Brückenbaumeister. Na aber sicher!, sagten die Ungarn. Geh woanders hin und bau dort deine Brücke. Der Brückenbaumeister baute den Ungarn die Brücke trotzdem. Als sie fertig war, spazierte er darüber und tirilierte. Die Ungarn starrten ihn an. Wir gehen da nicht drüber, sagten sie. Sonst noch was vielleicht! Der Brückenbaumeister spazierte auf und ab und tirilierte. Jetzt fängt er gleich noch an, ein Liedchen zu singen! Auf unserer Brücke! Sowas geht doch nicht! Geh endlich heim, dort kannst du tirilieren!, sagten die Ungarn und verjagten den Brückenbaumeister. Die Brücke behielten sie jedoch.

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 ÜS: CP


Aus Alíz Mosonyi: Ungarnmärchen (Magyarmesék)

Dienstag, 1. März 2016

Es war einmal ein Mensch

Es war einmal ein Mensch, der fliegen konnte. Er flog gerade über die Ungarn hinweg, als die Leute unten ihn bemerkten. Du! riefen sie zu ihm hoch. Was fliegst du da über unserer teuren Heimat herum? Wie stellst du dir das vor, wer hat dir das erlaubt? Wir knallen dir gleich einen Stein an den Schädel! Verschwinde, wir wollen dich nie wieder sehen! Werdet ihr auch nicht, sagte der fliegende Mann und flog rasch weiter, über andere Länder, und wurde weltberühmt. Wir haben ihn zuerst gesehen, sagten dann die Ungarn. Hier ist er herumgeflogen, über unserer teuren Heimat!
 ÜS: CP


Aus Alíz Mosonyi: Ungarnmärchen (Magyarmesék)

Es war einmal ein schönes, großes Bilderbuch




Es war einmal ein schönes, großes Bilderbuch, es ging darin um die ungarische Geschichte, die voll von Husaren war. Die Ungarn blätterten darin herum, schauten es sich an, lasen darin an langen Winterabenden und auch zu anderen Gelegenheiten und immer standen ihnen Tränen in den Augen. Wenn ihnen etwas nicht gefiel, rissen sie die Seite heraus und klebten eine andere ein. Schließlich war kaum mehr was zu lesen übrig, so zerrissen und verklebt war das Buch. Dann legten sie es zur Seite, ließen ein neues Buch schreiben, und mit den Seiten des alten putzten sie die Fenster.

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ÜS: CP

Aus Alíz Mosonyi: Ungarnmärchen (Magyarmesék)